Rom eroberte sich ein Weltreich. Was war das Erfolgsrezept? Die eiserne Disziplin seiner Soldaten, eine überlegene militärische Technik und: die Hilfe nicht nur der eigenen Götter, sondern auch derjenigen des Feindes. So geschehen z. B. im Jahr 396 v. Chr. bei der Eroberung der steinreichen etruskischen Stadt Veji (heute Isola Farnese, 20 km nordöstlich von Rom). Nach zehnjähriger Belagerung (= Disziplin) und dem Bau eines unterirdischen Geheimganges ins Herz der Stadt (= Technik) war die Einnahme zum Greifen nahe: Ein Teil der Soldaten würde losstürmen und den Feind ablenken, der andere durch den Gang eindringen und überraschend von hinten angreifen. Doch zuvor gelobte der römische Feldherr Marcus Furius Camillus nicht nur dem römischen Apoll im Falle seiner Hilfe ein Zehntel der Kriegsbeute, sondern er versprach außerdem der Stadtgöttin Vejis Juno Regina einen glänzenden Tempel in Rom, wenn sie Veji verlassen und nach Rom übersiedeln würde. Die Göttin nahm dieses Umzugsangebot offenbar gerne an. Jedenfalls ließ sich ihr Standbild nach der – nun ja zwangsläufig erfolgreichen – Eroberung angeblich ganz leicht abmontieren und bequem und unbeschadet nach Rom transportieren, wo man wie versprochen auf dem Aventin mit dem Bau eines Heiligtums begann.
Der Brauch dieser sogenannten evocatio deorum (des „Herausrufens der Götter“) kam vor allem in früher Zeit bei der Eroberung italischer Städte zum Einsatz. Den Namen ihrer eigenen Stadtgottheit aber sollen die Römer damals vorsichtshalber geheim gehalten haben.
Quelle: Livius, Ab urbe condita 5, 21-22; Plinius, Naturalis historia 28,18.
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